Was schreibt man nur über die Harley Days in Lugano. Wie erklärt man jemand Anderen die Faszination dieser drei Tage am Lago di Lugano. Ich denke, es ist hoffnungslos dies zu versuchen. Ich denke, das MUSS man einfach selber erleben. Die Swiss Harley Days wurden ja schon am Genfersee und auch am Vierwaldstättersee ausgetragen, aber dieses gewisse Etwas fehlt überall. Diese Mischung aus südlichem Flair, exotischer Kulisse und diesem Knistern in der Luft. Und wenn, wie in diesem Jahr, auch das Wetter noch stimmt, ja dann ist unser Glück vollkommen.
Am Freitagnachmittag treffe ich Peter und Susi bereits an der Benzin-Zapfstelle des Rastplatzes Heidiland. Nach dem Befüllen unserer Tanks fahren wir das kurze Stück bis zum Parkplatz, wo Walter im Schatten auf uns wartet. Wir haben schon im Vorfeld zusammen abgesprochen, dass wir über den Lukmanier fahren werden. Nachdem wir von einem Biker erfahren haben, dass uns im Tessin ein klein wenig niedrigere Temperaturen erwarten, nehmen wir den Weg unter die Räder. Über den Verkehr konnte er uns nichts sagen, da er über den Bernardino gefahren ist, dafür liess er sich kräftig über unsere Geschwindigkeitslimiten aus. Der Fahrtwind auf der Autobahn kühlt uns wieder ein wenig runter. Nach Chur wenden wir uns dann so langsam den Bergen zu, die wir nun überqueren müssen. Die Namen der Dörfer wechseln langsam in jene mit dem bekannten bündnerischen Charme, wie Valendas, Castrisch oder Vuorz (hat nichts zu tun mit jenen geräuschvollen und geschmackreichen Winden des menschlichen Darmes). Und vorbei an den wohl bekanntesten Laax-Flims-Falera, bis wir schliesslich Disentis erreichen. Hier entscheidet sich Peter, unser Roadcaptain, absprachegemäss für den Weg auf den Lukmanier. So mitten in der bündnerischen Bergwelt sind die Temperaturen merklich angenehmer und die Schweissproduktion des Körper reduziert sich nun ein ganz kleines bisschen. Als wir den Parkplatz beim Lukmanierhospiz erreichen, müssen wir feststellen, dass wir bei weitem nicht die Einzigen sind, die gen Süden streben. Und trotzdem finden wir ein Plätzchen, wo wir erst unsere Bikes und danach auch unsere müden Glieder, parkieren können. Hier oben sieht es beinahe so aus, als wenn schon bald ein Regenguss folgen könnte. Mit frisch aufgetankten Schweisszellen, stürmen wir auf der Südseite die Strasse runter, die schon nach kurzer Zeit feuchte Spuren zeigt. Ganz offensichtlich gab es hier einen kurzen Regenschauer, doch wirklich nur kurz, denn die Strasse ist bereits wieder beinahe abgetrocknet. Jetzt begleiten uns Namen wie Aquarossa oder Malvaglia und deuten unmissverständlich an „Jungs und Mädels, ihr seid im Tessin“. Bis Lugano-Süd benutzen wir wieder diese breite, grauschwarze Strasse mit der Nummer E2. Hier stoppt uns dann der Feierabendverkehr abrupt. Doch unter der Führung von Peter mogeln wir uns durch und erreichen schliesslich wohlbehalten unser Hotel. Über den Ceneri hat es nochmals so ausgesehen, als wolle es zu regnen beginnen, aber wahrscheinlich waren wir dem Regen zu schnell und er hat uns verpasst. Nach dem wir unsere Bikes im Stall und unser Gepäck auf dem Zimmer haben, treffen wir uns wohlduftend wieder an der Lobby und ziehen los Richtung Abenteuer. Nach ersten oberflächlichen Begutachtungen der Stände, meldet sich so langsam der Hunger bei uns. Es reicht, dass wir kurz in ein Gartenrestaurant schauen, schon werden wir herein gebeten und einen Platz angeboten. Schon beim Hineingehen habe ich gesehen, dass es hier schön grossportionierte Pizze gibt und so eine bestelle ich dann auch, mit einem entsprechenden grossen Bier. Die feinen Kräuter, die Walter und ich auf unsere Pizza streuen, steigern den Durst um ein Vielfaches. Ich werde ihn den ganzen Abend nicht mehr los werden. Und es hat zu regnen begonnen. Doch was kümmert uns das, wir sitzen im Trockenen. Beim anschliessenden Bummeln durch die noch geöffneten Händlerzelte gibt sich das Wetter gnädig und es tröpfelt nur noch leicht. So neigt sich unser erster Tag in Lugano langsam seinem Ende zu und wenig später neigen wir unsere Köpfe aufs Kopfkissen.
In der Nacht zieht dann ein Gewitter durch, doch der Morgen zeigt sich in schönsten Sonnenschein. Heute werden wir noch Besuch erhalten. Charly und Babs sowie Hörby haben ihren Besuch für den heutigen Tag angekündigt. Wie es sich gehört sitzen wir gerade in einer Bar, als ich den Anruf von Charly erhalte und kurze Zeit später können wir unsere Gruppen zusammenführen. Gemeinsam schlendern wir nun durch die Gassen und checken die Marktstände ab, ob es irgendwas zu kaufen gibt von dem wir bisher noch nicht gewusst habe, dass es uns fehlt. Natürlich gibt es auch sonst vieles zu sehen, ob es nun schöne Bikes sind oder schöne Frauen. Und von beidem gibt es genügend. Zwischendurch suchen wir immer wieder mal schattige Plätze auf, denn der Schweiss rinnt in Strömen. Genauso verrinnt auch die Zeit und schon verabschiedet Hörby sich wieder und zieht Richtung Norden los. Die PC7-Staffel zeigt uns über dem See ihr atemberaubendes Können. Auch wenn es „nur“ als Training angekündigt worden ist, was diese Männer da am Himmel vollführen ist eindrücklich. Und man hat das Gefühl, man sei hautnah mit dabei. Wir „Zurückgebliebenen“ gehen schliesslich noch gemeinsam essen. Und wieder lande ich einen Glücksgriff. Risotto mit Merlot und Geisskäse. Natürlich mit einem feinen Wein dazu. La vita e bella. Und schon ist es soweit, dass auch Charly und Babs wieder aufbrechen müssen. Langsam verschwindet ihr Rücklicht in der Menge und wir sind wieder auf uns alleine gestellt. Und es fällt uns ein, dass wir ja noch gar keinen Dessert erhalten haben und in diesen Tagen noch kein Gelati hatten. Das muss natürlich sofort geändert werden. Während wir also in einer Seebar ein Eis schlecken, sind Charly und Babs irgendwo in der dunklen Nacht draussen auf der Heimfahrt. Wer hat es nun besser?
So, nun heisst es auch für uns finito. Unser dolce vita ist vorbei. Nach dem Frühstück und dem Tanken machen wir uns auf den Weg nach Norden. Doch diesmal heisst unser erstes Ziel San Bernardino. Peter führt uns zielsicher in die Höhe. Heute herrscht doch ein wenig mehr Verkehr, vor allem bergunerfahrene Autofahrer scheinen heute scharenweise auf die Idee gekommen zu sein Mutti mal den Bernardinopass zu zeigen. Auch etliche Motorradfahrer sind bereits unterwegs, doch die sind etwas schneller unterwegs und scheinen es immens eilig zu haben. Vielleicht gibt’s irgendwo was gratis. Bei mir kommt nicht so recht Freude auf, denn ich habe ständig Zündaussetzer. Ziemlich lässtig, vor allem in Kurven. Auf der Passhöhe fahren wir gleich durch, denn es scheint keinen Millimeter freien Platz zu geben. So ziehen wir es vor, unseren Halt erst in Nufenen zu machen. Hier entschliesse ich mich die Diretissima zu wählen, das heisst ohne Halt bis nach Hause. Peter und Walter schliessen sich an und so kommt es, dass ich der Ausschlag bin, dass wir den Rest unseres Heimweges auf der Autobahn verbringen.
Wie gesagt, wo das Geheimnis der Swiss Harley Days in Lugano wirklich liegt, weiss ich nicht so richtig. Diese Tage am Luganersee dort sind so etwas wie unser Faakersee, einfach geiler. Einfach lockerer, mehr dolce, mehr vita.
Danke an Peter für das Organisieren und Reservieren. Walter, du warst ein angenehmer Zimmergenosse und Susi danke ich einfach für die angenehme Reisebegleitung. Ich hoffe diese Tradition der Swiss Harley Days in Lugano kann und wird weitergeführt werden.
Rolf